Bioökonomie: Integrierte Lösungen für globale Herausforderungen
Bioökonomie bietet nicht nur ein weites Feld für Forschung, technologische Entwicklung und Innovationen, sondern ist auch der Schlüssel für eine strategische Zusammenarbeit.
Laut Definition des Bioökonomierats (BÖR) versteht man unter Bioökonomie die Produktion und Nutzung biologischer Ressourcen mit der Einbeziehung von Kenntnissen zur Entwicklung neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen in allen Industrie- und Handelsbereichen unter Anwendung nachhaltiger Wirtschaftsformen.
Laut Studien der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden Biotechnologien im Jahr 2030 für 80% der pharmazeutischen, 50% der landwirtschaftlichen und 35% der chemischen Produktion verantwortlich sein. Dazu werden sie 2,7 % des Bruttoinlandsproduktes der jeweiligen Mitgliedsstaaten ausmachen – ein Prozentsatz, der in Ländern wie Brasilien, die über eine große, weitgehend unerforschte biologische Vielfalt verfügen, noch höher ausfallen wird.
Hinter diesen OCDE-Zahlen steht ein wissenschaftlicher Wettlauf zur Entwicklung neuer Technologien und Produkte im Rahmen des Bioökonomiekonzepts. Und viele dieser neuen Lösungen werden eine grundlegende Rolle im Umgang mit den beiden großen Problemen übernehmen, die sich der Menschheit mittelfristig stellen: der weltweit wachsende Bedarf an Lebensmitteln sowie die notwendige Entwicklung neuer Medikamente.
Angesichts dieser Problemstellungen ist Zusammenarbeit das Schlüsselwort zur Entwicklung neuer gemeinsamer deutsch-brasilianischer Strategien und Aktionen auf dem Gebiet der Bioökonomie. Universitäten, Forschungsinstitutionen, Regierungen und Unternehmen sind gefragt, den Bedürfnissen der Gesellschaft in einem Szenario neuer Herausforderungen im Hinblick auf wachsende Bevölkerungszahlen, Klimawandel und Rohstoffknappheit gerecht zu werden.
In diesem Szenario suchen Brasilien und Deutschland, strategische Partner seit mehr als 50 Jahren, auch auf dem Feld der Bioökonomie neue Synergien, sei es über eine Agenda von Debatten und Veranstaltungen oder über die Förderung von Partnerschaften und Forschungsinitiativen zur Entwicklung gemeinsamer Projekte. Dabei leisten beide Länder mit Innovationen, Geschäftsmodellen und Erfolgsbeispielen bereits ihren Beitrag bei der Suche nach integrierten Lösungen für globale Herausforderungen.
Seit 2013 unterhält das Sekretariat für Landwirtschaft und Versorgung des Landes São Paulo (SAASP) über das Institut für Lebensmitteltechnologie (ITAL) ein wissenschaftliches und technologisches Kooperationsabkommen mit dem deutschen Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV), das über eine lokale Vertretung zur Koordinierung seiner Projekte und Aktivitäten in Brasilien verfügt. 2016 wurde eine Absichtserklärung zwischen dem Agrarzentrum Campinas-Brasilien und dem Fraunhofer IVV zum Start einer Kooperation auf dem Gebiet der Bioökonomie unterzeichnet, das die Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Bildung, Training und Innovation stärken soll. Diese technologisch-wissenschaftliche Kooperation zwischen Brasilien und Deutschland verfolgt das Ziel, gemeinsame Bemühungen zur Vertiefung von Partnerschaftsprojekten zwischen den Ländern zu unterstützen und die Entwicklung eines weltweiten Bioökonomiesystems in Campinas voranzutreiben.
Schon 2015 stand die Bioökonomie im Mittelpunkt eines Abkommens zwischen dem brasilianischen Ministerium für Wissenschaft, Technologie, Innovation und Kommunikation (MCTIC) und dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das damals anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brasilien unterzeichnet wurde. Für beide Länder untermauerte dieser Besuch eine wichtige Verpflichtung zur Etablierung und Vertiefung der gemeinsamen Forschung auf dem Gebiet der Bioökonomie, die von beiden Seiten als strategisch für die Entwicklung und den Wohlstand in Brasilien und Deutschland gesehen wird.