FGV-Kolloquium mit Beitrag der DFG zu wissenschaftlichem Impact
Anlässlich des 5. Kolloquiums für Angewandte Forschung der Getúlio-Vargas-Stiftung (FGV) versammelten sich Forschende der Institution, Hochschulen und Thinktanks sowie Repräsentanten von Förderinstitutionen und der brasilianischen Regierung in Rio de Janeiro. Zu den rund 320 Teilnehmenden der am 20. und 21. August ausgerichteten Veranstaltung zählte auch Dr. Kathrin Winkler, Leiterin des DFG-Büros Lateinamerika, die einen Vortrag in der Session zur Bewertung und Messung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Impacts wissenschaftlicher Forschung hielt.
Im Rahmen der Eröffnung ging FGV-Präsident Carlos Ivan Simonsen Leal auf die Bedeutung und den hohen Impact der angewandten Forschung für die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung des Landes ein. Sie sei als Motor zur Erschließung von Neuem und Fortschritt in Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu verstehen, dessen Förderung ein zentrales Anliegen der FGV ist.
Vor dem Hintergrund zukünftiger globaler Problemfelder analysierte Leal wirtschaftstheoretische Modelle und die Rolle der angewandten Wissenschaften für entsprechende Lösungsansätze. Nach Auffassung des Präsidenten haben die angewandten Wissenschaften nicht nur die Aufgabe, einen spezifischen und bekannten gesellschaftlichen Bedarf zu bedienen und zu befriedigen, sondern zukünftige Herausforderungen insbesondere zunächst zu identifizieren.
In ähnlicher Argumentationslinie führte Winkler in ihrer Präsentation spezifische Probleme der ausschließlichen Forderung eines direkten gesellschaftlichen Impacts aus und erläuterte die wichtige Rolle, die der Grundlagenforschung im Rahmen eines pluralistischen Wissenschaftssystems zukommt. So sei die erkenntnisgeleitete Forschung ebenso grundlegend für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung, auch wenn deren Impact sich oft nicht unmittelbar bemerkbar mache.
Die DFG vertritt dabei die Ansicht, dass moderne Wissenschaftssysteme neue Methoden und Kenntnisse hervorbringen sollen, die nicht nur der heutigen Gesellschaft dienlich sind, sondern die auch zu Lösungen für zukünftige und noch unbekannte Probleme führen können.
„Disziplinär und thematisch breit aufgestellte erkenntnisgeleitete Forschung stellt einen breiten „Wissensspeicher“ bereit, von dem ausgehend programmorientierte Forschung kurzfristig einen Beitrag zur Lösung jeweils aktueller und vielfach gesellschaftlich nicht antizipierter Herausforderungen leisten kann“, erklärte Winkler.
Winkler argumentierte weiterhin, dass impactbasierte Förderung zwar durchaus legitim sei, aber zu einer verstärkten Konzentration der Forschung auf bereits bestehende Probleme führen könne, da ein derartiges Fördersystem diese Beiträge honoriere. Im Falle eines Wissenschaftssystems, das einen direkten gesellschaftlichen Impact überproportional fordere, bestehe die Gefahr, dass die erkenntnisgeleitete Forschung vermehrt in den Hintergrund gedrängt und das Wissenschaftssystem in seiner Gesamtheit geschwächt würde.
„Es ist daher besonders wichtig, auch Forschungsförderung Raum zu geben, die ausschließlich auf wissenschaftlichen Kriterien beruht, wie es in den Programmen der DFG der Fall ist“, so Winkler. Das pluralistische deutsche System wird beiden Säulen gerecht – genauso wie die Förderung der Grundlagenforschung Aufgabe der DFG ist, existieren Förder- und Forschungseinrichtungen für programmatische Forschung mit potenziellem gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Impact.
Eine der DFG-Partnerorganisation auf Bundesebene, CAPES, war durch ihren Vertreter Prof. Dr. Adalberto Grassi repräsentiert. Die Fördereinrichtung will sich nach dem beträchtlichen Wachstum in Bezug auf die Anzahl der Programme, Immatrikulationen und Abschlüsse zwischen 2006 und 2017 nun um eine qualitative Verbesserung bemühen. Dazu zählt unter anderem auch die Forderung nach einem erhöhten Impact der geförderten Studiengänge und die Förderung der Forschungskooperationen mit dem Industriesektor. Laut Grassi hatte die im Vierjahresrhythmus stattfindende Evaluation der CAPES Restrukturierungsmaßnahmen zur Folge, in deren Rahmen insbesondere die internationale Kooperation eine Schlüsselrolle einnimmt.
Zu den weiteren Vortragenden im Rahmen des Panels gehörten darüber hinaus General Waldemar Barroso Magno Neto, Präsident der brasilianischen Finanzierungsstelle für Studien und Projekte (FINEP), sowie Dr. Gill Wells, Vertreterin der Universität Oxford. Als Moderator fungierte Dr. Jorge Almeida Guimarães von der brasilianischen Agentur für industrielle Forschung und Innovation (EMBRAPII), der daneben auch auf impactbezogene Maßnahmen der Institution einging.
Die DFG nahm bereits zum zweiten Mal an einem FGV-Kolloquium für Angewandte Forschung teil. Die Getúlio-Vargas-Stiftung ist seit 70 Jahren in der Forschung tätig und in Brasilien die angesehenste Einrichtung in der angewandten Forschung, insbesondere in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, Verwaltung, Governance und Staatspolitik.
Das umfassende zweitägige Programm beinhaltete folgende Themen: die Forschungskooperation zwischen Brasilien und der Europäischen Union und das neue „Horizont Europa“-Programm, die Bewertung und Messung wissenschaftlichen Impacts, die Diskussion politischer Maßnahmen in den Bereichen Bildung und Öffentlicher Sicherheit sowie die Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten in der Forschung.
Quelle: DFG-Büro Latein