„Großstädte müssen die Abfall-Stufe Null anstreben”, betont USP-Professor
Marcos Buckeridge, Koordinator des Global-Cities-Programms an der Universität São Paulo (USP), setzt sich für wirksamere Aktionen zur Schaffung eines nachhaltigen Stadtmodells ein.
Studien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge wandert ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel auf den Müll. Die Verschwendung beginnt bereits während der Ernte auf dem Feld und setzt sich dann beim Transport der Lebensmittel und schließlich in den Haushalten fort. „Letztendlich trägt all dies zu einer Verringerung Nachhaltigkeit in den Großstädten bei”, betont Marcos Buckeridge, Leiter des Instituts für Biowissenschaften der Universität São Paulo (USP).
Der Wissenschaftler, der auch das Global-Cities-Programm der USP koordiniert, erläutert, dass jede Stadt ein eigenes Ökosystem bildet, das er als „Urbsystem“ bezeichnet. Wie Buckeridge weiter ausführt, werden in jedem Urbsystem Materialien verarbeitet, die von außerhalb in die Stadt kommen, wie Lebensmittel, importierte Produkte und Rohstoffe. „Dieser ganze Prozess produziert Abfall. Der Nachhaltigkeitsgrad des Urbsystems ist umgekehrt proportional zu den Mengen an Wasser und Energie, die zur Verarbeitung dieser Materialien verwendet werden”, erklärt der USP-Professor.
Buckeridge zeigt auf, dass ein Urbsystem umso nachhaltiger wird, je mehr Abfälle bei der Verarbeitung dieser Materialien recycelt werden, bis kaum noch Abfälle entstehen oder dieser Wert im Idealfall auf Null sinkt. „Der einzige Weg, um die Entwicklung einer Stadt zu schützen, besteht darin, ihr Nachhaltigkeitsniveau auf ein Maximum zu steigern.”
Damit dies geschehen könne, so der Wissenschaftler, sei es erforderlich, dass den Bürgern bewusst ist, woher die von ihnen konsumierten Lebensmittel stammen, und dass sie von den Unternehmen nachhaltigere Produkte verlangen. Jeder einzelne sei gefordert, die Regierungen darauf zu drängen, sich intensiver um diesem Bereich zu bemühen, und von den Politikern zu verlangen, effiziente regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen.
Unterschiedliche Nachhaltigkeitskriterien
Der Koordinator des Global-Cities-Programms weiß jedoch, dass dieser Zustand für die meisten Städte immer noch eine Utopie darstellt. „Es ist leider noch schwer, sich eine Welt vorzustellen, in der alle Städte zu 100% nachhaltig sind.” Für den Wissenschaftler hat jede Stadt ihre eigenen Charakteristiken, die eine Verbesserung des Nachhaltigkeitsniveaus in den verschiedenen Bereichen erleichtern bzw. erschweren.
„Aber wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt, dem Idealfall näher zu kommen, können wir allgemein ein höheres Maß an Nachhaltigkeit erreichen und die Auswirkungen des globalen Klimawandels verringern, was sich positiv auf das Alltagsleben der Bürger auswirkt”, glaubt Buckeridge.
Der Schlüssel dazu sei das Gleichgewicht zwischen Regierung, Regulierung und Wissensproduktion. „Wenn die Prozesse gut angepasst und wissenschaftlich fundiert sind, wird sich das Nachhaltigkeitsniveau erhöhen.”
Technologische Beiträge zum Urbsystem
Es werde viel über den Beitrag der digitalen Transformation im Hinblick auf intelligentere und nachhaltigere Städte gesprochen und geschrieben, sagt Buckeridge und stellt klar, dass der vermehrte Einsatz von Technologien allein keine intelligente Stadt garantiere. Es sei vielmehr der Verbund systematischer, artikulierter und integrierter Technologien, der das Urbsystem nachhaltiger gestalte.
„Technologie allein wird nur in geringem Maß zur Lösung von Problemen beitragen. Sie muss in allen Bereichen der Gesellschaft integriert und artikuliert werden, damit der Nutzen systemisch ist und sich nicht nur auf Einzelpersonen oder isolierte Gruppen beschränkt”, glaubt der USP-Professor.
DWIH-FAPESP Online Talk on Cities and Climate
Der Koordinator des Global-Cities-Programms wird seine Studie zum Urbsystem während des Seminars DWIH-FAPESP Online Talk o Cities and Climate vorstellen. Die vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo und von der Forschungsförderungsstiftung des Bundeslandes São Paulo (Fapesp) organisierte Veranstaltung findet am 19. 11. von 10 bis 11:45 Uhr statt.
Das in englischer Sprache durchgeführte Seminar – mit Simultanübersetzung ins Portugiesische – bringt Wissenschaftler aus Brasilien und Deutschland zusammen, um die Beziehung zwischen Klimawandel und Großstädten aus sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Sicht zu diskutieren.
Melden Sie sich hier für den DWIH-FAPESP Online Talk on Cities and Climate an.Weitere Informationen zum Seminar finden Sie auf der Veranstaltungsseite. |