Von global zu lokal - Wie die Pandemie die Wirtschaftsentwicklung der Nationen beeinflusste
Ökonomen aus Brasilien und Deutschland diskutieren über die durch die Covid-19-Pandemie bedingten Herausforderungen auf der makro- und mikroökonomischen Ebene. China gewann an Bedeutsamkeit in der Liste der Exporte, während Lateinamerika Verluste zu verzeichnen hatte.
Engpässe im Transportsektor, Fehlen von Containern und Input, Preisanstiege für fossilen Brennstoffe und Neuordnung der globalen Handelswege. Das ist die makroökonomische Situation, der sich die Welt nach einem durch die Corona-Pandemie bedingten Zusammenbruch der Wirtschaft zu stellen hat, beschrieben durch die Ökonomin Lisandra Flach im zweiten Talk der Veranstaltungsreihe DWIH São Paulo Online Talks (DSPOTs) 2021 „Gesellschaft im Wandel: Folgen der Pandemie”.
Die Veranstaltung, die am Mittwoch, den 10. November, unter dem Titel „Auswirkungen der Pandemie auf die wirtschaftliche Entwicklung” stattfand, wurde von der Getúlio Vargas-Stifung (FGV) unterstützt. An der Veranstaltung nahm auch Nelson Marconi teil, Koordinator des Wirtschaftsforums der FGV und Professor an der Institution.
Den Zahlen nach, die von Flach, Leiterin des IfO-Zentrums für Außenwirtschaft der Leibniz-Gesellschaft, präsentiert wurden, ist die chinesische Wirtschaft diejenige, die sich nach der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten am schnellsten erholte. „China schaffte es nicht nur, die Exporte im dritten Trimester des letzten Jahres wiederzuerlangen, sondern auch um 10% im Vergleich zum Vorjahr zu wachsen. Gleichzeitig fielen die Exporte aus Lateinamerika um 20%”, verglich Flach. Für die Expertin, die auch Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der LMU München ist, ist das eine Tendenzen, die sich schon vor der Gesundheitskrise abzeichnete, aber durch die Pandemie noch beschleunigt wurde.
Laut dem brasilianischen Experten Nelson Marconi ist das Tempo der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten mit dem Fortschreiten der Impfung der Länder nachweislich verbunden. Nicht zufällig sind es die Wirtschaften aus China, den USA und Europa, die sich am schnellsten erholten. „Brasilien brauchte sehr lange, um mit den Impfungen zu beginnen, und dies hatte Auswirkungen auf die Erholung der Wirtschaft im Land”, hob Marconi hervor.
Seit 2016 hat Brasilien mit wirtschaftlichen Verlusten zu kämpfen, wie etwa die Abwertung des Reals, einer hohen Inflation sowie politischer, wirtschaftlicher und juristischer Instabilität. Für den Ökonomen schwächte die Pandemie die brasilianische Wirtschaft noch zusätzlich. „Die Arbeitslosigkeit stieg deutlich an während der Pandemie und die Arbeitsplatzsituation verschlechterte sich. Was die Situation noch weiter erschwert, ist eine Unvorhersehbarkeit der Finanzindikatoren”, merkte der Professor an.
Engpässe im Handel und der Produktion
Ob in Brasilien, Deutschland oder in anderen Ländern, es finden sich immer wieder Hindernisse, die es bei der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten zu überwinden gilt. Unter diesen Barrieren nannte die Professorin der LMU die Schwäche des globalen Transportsystems, insbesondere das maritime, das sich in den Händen weniger Kooperationen befindet, das Fehlen der Digitalisierung einiger Prozesse, das Risiko erneuter Wellen der Corona-Pandemie – der Rhythmus der Impfungen stagniert in einigen Ländern wie Deutschland, wo nur 67% der Bevölkerung geimpft ist – und das Fehlen von grundlegenden Geldanlagen in der Produktion.
Zu den fehlenden Rohstoffen in der Produktion, kommentierte Marconi von der FGV, dass einige Länder wieder die Nachfrage des nationalen Markts bedienten. Das sei der Fall in China, das aufhörte, Chips und Halbleiter zu exportieren. „Die Produktion von Halbleitern ist ein schwerwiegendes Problem. Die ganze Welt leidet unter dem Mangel des Produkts und mir scheint, das wird sich nicht so schnell lösen”, analysierte Marconi. In Brasilien litten vor allem die Automobilindustrie und Produkte der neueren Technologien, wie Smartphones und Computer, besonders und den fehlenden Geldanlagen.
Mit der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten ist auch der Auslauf der Waren ein Hindernis für das Funktionieren des internationalen Handels. Der Professor der FGV hob hervor, dass Container und Schiffe fehlen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, die bis dahin schwächelte. „Das ist ein Szenario, in dem Sie nicht schaffen, so viel zu produzieren, wie Sie benötigen und somit die Produktion nicht wieder anlaufen lassen können”, fasste er zusammen.
Am Ende betonte die deutschbrasilianische Ökonomin Lisandra Flach nochmals den Einfluss der grünen Wirtschaft bei dieser Wiederaufnahme. „Die Pandemie ist ein Risiko, aber wir werden uns in Zukunft noch vielen weiteren stellen müssen, wie unter anderem dem Klimawandel, der auch Probleme in der Produktion hervorrufen wird.” Aus Sicht von Flach weiß die Gesellschaft bereits, dass Nachhaltigkeit und die Reduzierung der CO2-Emissionen Priorität haben, jedoch, da eine nachhaltige Agenda auch zusätzliche Kosten verursacht, es wichtig ist, dass die Regierungen Konditionen für ein Wachsen der grünen Wirtschaft festlegen.