Wesley Oliveira: Brasilien und Deutschland können von der Zusammenarbeit bei der Entwicklung intelligenterer Automatisierungen profitieren
Experten aus Brasilien und Deutschland treffen sich am 25. Juni in São José dos Campos (SP) zum ersten “International Industry Workshop on Machine Vision and Robotics”, um Erfahrungen in den Bereichen Automatisierung, Robotik und Computer Vision zu diskutieren und auszutauschen. Die Veranstaltung wird vom Fraunhofer Institut für Produktionssysteme und Konstruktionstechnik (IPK), dem Instituto Tecnológico de Aeronáutica (ITA) und dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo organisiert.
Zu den Referenten des Workshops gehört Wesley Oliveira, Professor im Fachbereich Mechatronik der Abteilung Maschinenbau des ITA, der einen Vortrag zum Thema “Challenges and Examples for Smart Robotics and Automation in O&M Applications” halten wird. In einem Gespräch mit dem DWIH São Paulo im Vorfeld der Veranstaltung sagte Oliveira, dass der Workshop eine Gelegenheit für Brasilien und Deutschland sei, von der technologischen Zusammenarbeit zu profitieren, um intelligentere und anpassungsfähigere autonome Systeme zu entwickeln.
Das vollständige Programm des Workshops finden Sie hier.
Lesen Sie das nachstehende Interview, das per E-Mail geführt und zur besseren Verständlichkeit bearbeitet wurde:
Dies ist die erste Ausgabe des Workshops. Wie wichtig ist es, das Thema mit Experten aus Brasilien und Deutschland zu diskutieren?
Der Workshop schafft ein Forum, in dem Forschende aus beiden Ländern ihre Erfahrungen austauschen, die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Industriesektors beleuchten und Perspektiven für die jüngsten Fortschritte aufzeigen können. Brasilien und Deutschland haben Industrien, die unter ihren eigenen wirtschaftlichen und technologischen Bedingungen arbeiten. Obwohl einige der Technologien, die wir hier zur Lösung unserer Probleme einsetzen, denen ähneln, die auch im dort verwendet werden, können die Techniken, die zur Integration von Computer Vision und Robotersystemen in Produktionsprozesse entwickelt wurden, am vielfältigsten sein. Ich glaube, dass beide Länder von einer technischen Zusammenarbeit bei der Entwicklung intelligenterer und anpassungsfähigerer automatisierter Systeme profitieren könnten, wofür diese Veranstaltung eine wichtige Initiative darstellt.
Was sind heute die größten Herausforderungen im Bereich der intelligenten Robotik für die Prozessautomatisierung?
In den letzten fünf Jahren hat die Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaft im Bereich der Robotik und Automatisierung versucht, Roboter zu entwickeln, die nicht nur repetitive Aufgaben erledigen, sondern auch in der Lage sind, neue Methoden und Fähigkeiten durch Erfahrung und Zusammenarbeit mit menschlichen Mitarbeitern zu erlernen. Dieses Paradigma hat zur Erforschung von Robotersystemen geführt, die weniger von einer starren Offline-Programmierung abhängig sind und mehr Anpassungsfähigkeit besitzen, indem sie zum Beispiel automatische Lerntechniken, Computer Vision und Online-Bahnplanung nutzen.
Ist Brasilien in diesem Bereich gut aufgestellt?
Brasilien verfügt über hervorragende Gruppen von Spezialisten, die in den großen Forschungszentren an diesen Themen arbeiten. Wir stehen jedoch noch vor der Herausforderung, neue integrierte Unternehmen zu gründen, die in der Lage sind, diese Konzepte an den Endverbraucher, unsere Industrie, weiterzugeben. Obwohl unsere großen Unternehmen besser in der Lage sind, in Forschung und Entwicklung zu investieren, um ihren eigenen Anforderungen gerecht zu werden, ist die Vision für die Zukunft, dass die Robotisierung und die Computer-Vision-Technologien einen solchen Integrationsgrad erreichen, dass intelligente Robotersysteme auch kleine und mittlere Produktions- und Dienstleistungsunternehmen erreichen werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber die brasilianische Forschung und Bildung formt sich selbst und generiert Wissen, um der Gesellschaft die hohe Flexibilität und die geringe Reaktionszeit zu bieten, die durch die Revolution der Industrie 4.0 angestrebt werden.
Wie kann die Robotik im Bereich der Prozessautomatisierung in der grünen Wirtschaft und der Nachhaltigkeit eingesetzt werden?
Dies ist sicherlich eines der jüngsten und wichtigsten Forschungsthemen auf dem Gebiet der Ingenieur- und Automatisierungswissenschaften. Heute geht es in erster Linie um die Widerstandsfähigkeit, d. h. um die Fähigkeit von Produktionssystemen, sich bei marktbedingten, organisatorischen, betrieblichen und physischen Veränderungen im Produktionsumfeld neu zu organisieren und bei Bedarf auf das ursprüngliche Niveau zurückzukehren. Was die Nachhaltigkeit betrifft, so können Produktionssysteme mit selbstlernenden Fähigkeiten beispielsweise eine Optimierung der Abläufe (Produktivität), eine Verringerung der Verschwendung und sogar eine effizientere Energienutzung ermöglichen. Diese Aspekte beinhalten natürlich technologische Achsen, die über die flexible Automatisierung durch Robotik hinausgehen, wie Informationsmanagement und intelligente Systemalgorithmen.
Im Zusammenhang mit der grünen Wirtschaft eröffnet sich ein neuer und anspruchsvoller Forschungsbereich, der darauf abzielt, den Roboter aus der scheinbar geschlossenen Fabrikumgebung herauszuholen, die an sich schon recht komplex ist. Robotersysteme im Baugewerbe, Landwirtschaftsroboter, die beim Pflanzen und Ernten auf dem Feld helfen, kollaborative Roboter, die bei der Abfallentsorgung durch Sortieren und Trennen von Müll helfen, Roboter im Öl- und Gassektor, die bei Betriebs- und Wartungsarbeiten helfen. In diesen und anderen Fällen wird die Computer Vision eine wichtige Rolle spielen.
Text: Rafael Targino