IA20-Konferenz: Expertenrunde gibt KI-Governance-Empfehlungen für G20
Im Rahmen der Konferenz „IA 20: Artificial Intelligence in a Global Context“, die im Juli in Rio de Janeiro stattfand, erarbeiteten Expertinnen und Experten ein Policy Paper in englischer Sprache mit Empfehlungen für die G20, deren Vorsitz Brasilien für das Jahr 2024 innehat. Die Vorschläge konzentrieren sich auf drei Themenbereiche, die für die Ausarbeitung von Governance-Richtlinien im Bereich künstlicher Intelligenz (KI) relevant sind: regulatorische Testumgebungen (Sandboxes), Nutzung für öffentliche Zwecke und für die Ziele nachhaltiger Entwicklung sowie neue Urheberrechtsbestimmungen.
Das Institut für Technologie und Gesellschaft (Instituto de Tecnologia e Sociedade – ITS) Rio, das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo, das Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) sowie das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) organisierten die Veranstaltung, an der eine multidisziplinäre Gruppe von Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Länder teilnahm, die das Dokument gemeinsam erstellten. Das Policy Paper soll dazu dienen, Strategien abzustecken und Themen aufzugreifen, die mit dem schnellen Fortschritt der künstlichen Intelligenz einhergehen, und richtet sich an Regulierungsbehörden, Gesetzgeber, Technologieunternehmen und Forschende in dem Fachbereich.
Laden Sie das Policy Paper hier [pdf, 406,94 KB] herunter.
Der erste Themenbereich beschäftigt sich mit der Ausgestaltung von geregelten Testumgebungen und deren Konzeption, sodass das öffentliche Interesse gewahrt bleibt und die Machtverhältnisse ausgeglichen sind. Diese sogenannten „Sandboxes“ werden von Playern verschiedener Segmente verwendet, um Innovationen in einer kontrollierten Umgebung und mit speziellen, fallspezifischen Vorgaben zu testen.
Die Expertenempfehlungen für diesen Bereich beinhalten unter anderem die Erarbeitung von Indikatoren und Methoden, die für die Nutzung der Sandboxes unabhängig bewertet werden; die Öffnung der Testumgebung für Entwickler, die an ähnlichen Anwendungen arbeiten; die Erkennung möglicher, dadurch entstandener Mängel sowie die Veröffentlichung der Testergebnisse.
Öffentliche Zwecke und Urheberrecht
Im zweiten Themenkomplex geht es um die Nutzung künstlicher Intelligenz für öffentliche Zwecke. Die zuständige Arbeitsgruppe sprach sich für die Verwendung von KI zur Bündelung und Vereinfachung von Behördendaten aus, damit diese für die Bevölkerung zugänglicher gemacht werden können. Dadurch werden eine höhere Transparenz und Qualität der Informationen für die Bürgerinnen und Bürger und mittels KI eine Annäherung an das Nachhaltigkeitsziel 16 erreicht: die Förderung von Gesellschaften in Frieden und Inklusion für eine nachhaltige Entwicklung, die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs aller zur Justiz sowie die Stärkung von auf allen Ebenen effizienten, zuverlässigen und inklusiven Institutionen.
Im Rahmen der Möglichkeiten, die die KI für mehr Transparenz und einen leichteren Zugang eröffnet, zählen den Spezialisten zufolge die Umwandlung schriftlicher Inhalte in gesprochene Sprache, die Vereinfachung von Suchmechanismen durch die Verarbeitung natürlicher Sprache, die Zusammenfassung komplexer Informationen und eine effizientere Nachverfolgung öffentlicher Ausgaben.
Die Diskussionen zum dritten Themenbereich beinhalteten Fragestellungen zum Urheberrecht und künstliche Intelligenz, beispielsweise die Nutzung von Anwendungen zum Trainieren von Algorithmen oder die Erstellung neuer Inhalte mithilfe von KI. Die Expertenrunde empfiehlt den G20, sich auf die menschliche Kreativität zu fokussieren und nicht die KI als Urheber anzusehen. Dies schließt jedoch nicht den Schutz des Urheberrechts aufgrund der Verwendung von KI im Entwicklungsprozess aus: die Anerkennung der Arbeit soll innerhalb der Grenzen menschlichen Handelns erfolgen.
Darüber hinaus beinhalten die Vorschläge der Arbeitsgruppe eine Diskussionsrunde zwischen G20 und verschiedenen Akteuren, um über eine angemessene Vergütung für Urheber zu debattieren, deren Arbeit für das Trainieren künstlicher Intelligenz verwendet wird. Den Spezialisten zufolge müsse ebenfalls über entsprechende Zusätze in der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst nachgedacht werden, die das internationale Urheberrecht regelt. Zu diesem Zweck wird eine diplomatische Konferenz angeregt, die die G20 zusammen mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) durchführen könnte.
Text: Rafael Targino